Allgemeines
Als Nuklearmedizin bezeichnet man die Anwendung von offenen radioaktiven Stoffen in medizinischer Diagnostik, Therapie und Wissenschaft. Dabei wird in der Regel ein so genannter „Tracer“, ein radioaktives Medikament (Radiopharmakon) in einer minimalen Dosierung in den Körper eingebracht, mit dem Stoffwechselvorgänge dargestellt werden können.
Ein Radiopharmakon ist eine chemische Verbindung eines Radionuklids mit anderen Stoffen. Wie ein Radiopharmakon in der Nuklearmedizin verwendet wird, hängt wesentlich von zwei Eigenschaften ab:
- Radioaktivität (Zerfallsverhalten und entstehende Strahlung)
- Pharmakokinetik (Verteilung im Organismus, Teilnahme an Körperfunktionen, Eliminierung)
Diagnose
Im Gegensatz zur Röntgendiagnostik, die vor allem Strukturen von Organen darstellt, zeigen die bildgebenden Verfahren der Nuklearmedizin vorwiegend die Funktion eines Organs oder Organsystems.
Szintigrafie zeigt Stoffwechsel-Aktivität
Zum Beispiel verwendet man für eine Knochenszintigrafie ein Radiopharmakon (Technetium-99m-Methylendiphosphonat), das bevorzugt von knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) aufgenommen wird. Normales Knochengewebe zeigt im Szintigramm eine niedrige knochenbildende Aktivität. Wenn das Szintigramm an bestimmten Stellen erhöhte Aktivität aufweist, kann man dort einen verstärkten Knochenumbau und damit krankhafte Vorgänge vermuten. Ob es sich dabei um heilende Knochenbrüche, Krebs, gutartige Knochentumore, Arthrosen oder Knochenentzündungen handelt, klären weitere Untersuchungen.
Dynamische Szintigrafie
Mit Hilfe einer dynamischen Szintigrafie kann zum Beispiel die seitengetrennte Funktion beider Nieren untersucht werden. Dabei wird über 20 bis 40 Minuten eine Reihe von Bildern in Intervallen zwischen einer und 60 Sekunden aufgezeichnet. So lässt sich die Anreicherung und Ausscheidung des Radiopharmakons in verschiedenen Organen verfolgen. Dies ermöglicht etwa die Beurteilung der Ausscheidungsleistung einer Niere im Verhältnis zur anderen.
Wir bieten im Pius-Hospital alle gängigen szintigrafischen Methoden einschließlich der SPECT (single photon emission computed tomography) an.
Therapie
Auch in der nuklearmedizinischen Therapie werden Radiopharmaka eingesetzt, die allerdings im Gegensatz zu den diagnostisch eingesetzten Tracern üblicherweise eine Betastrahlung abgeben. Diese Strahlungsarten zeichnen sich durch eine geringe Durchdringungstiefe (meist weniger als einen Millimeter) aus. Sie entfalten ihre Wirkung nahezu ausschließlich an dem Ort im Organismus, an dessen Stoffwechsel sie teilnehmen. Dies hängt von der jeweiligen Substanz ab.
Orale Radiojod-Therapie
Eine Besonderheit stellt die Behandlung mit dem Trägerfreien Iod-131 (Radiojod) bei Schilddrüsenerkrankungen dar. I-131 wird, genauso wie das natürliche Jod, das I-127, vorzugsweise von hormonproduzierenden Follikelzellen aufgenommen und führt meist ohne nennenswerte Nebenwirkungen zu einer Zerstörung des kranken Gewebes (z.B. bei Hyperthyreose oder beim Schilddrüsenkarzinom). Radiojod wird gewöhnlich in Form einer Therapiekapsel oral verabreicht.